Montag, 9. Dezember 2013

Der Koalitionsvertrag – Vorhaben mit Bezug zum Wirtschaftsrecht


Der Koalitionsvertrag (https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf oder http://www.spd.de/linkableblob/112790/data/20131127_koalitionsvertrag.pdf) enthält verstreute Aussagen über die künftige Fortentwicklung des Wirtschaftsrechts:

 

Vereinzelt sind diese Aussagen recht detailliert, so z.B. zur Einführung einer gesetzlichen Geschlechterquote in Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter oder voll mitbestimmungspflichtiger Unternehmen (S. 102)

 

Frauen in Führungspositionen: Wir wollen den Anteil weiblicher Führungskräfte in Deutschland erhöhen. Deshalb werden wir zu Beginn der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages Geschlechterquoten in Vorständen und Aufsichtsräten in Unternehmen gesetzlich einführen. Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt werden, sollen eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent aufweisen.

 

Wir werden eine Regelung erarbeiten, dass bei Nichterreichen dieser Quote die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Stühle frei bleiben.

 

Wir werden börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen gesetzlich verpflichten, ab 2015 verbindliche Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, Vorstand und in den obersten Management-Ebenen festzulegen und zu veröffentlichen und hierüber transparent zu berichten. Die ersten Zielgrößen müssen innerhalb der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages erreicht werden und dürfen nicht nachträglich nach unten berichtigt werden.

 

oder aber hinsichtlich der Managervergütung, über die künftig die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft auf Vorschlag des Aufsichtsrats entscheiden soll (S. 17)

 

Um Transparenz bei der Feststellung von Managergehältern herzustellen, wird über die Vorstandsvergütung künftig die Hauptversammlung auf Vorschlag des Aufsichtsrats entscheiden.

 

Überwiegend handelt es sich bei den Aussagen jedoch – insofern wohl typisch für eine Große Koalition – um eher plakative Allgemeinplätze, die aufgrund ihrer generalklauselartigen Formulierung nach Ablauf der Wahlperiode entweder gar nicht oder nur sehr schwer hinsichtlich ihrer erfolgreichen Umsetzung überprüft werden können.

 

Hierzu zählen:

 

Einführung einer Europa-GmbH (S. 25) (ein eigentlich schon „beerdigtes“ Thema, vgl. http://notizen.duslaw.de/%e2%80%9efit-for-growth%e2%80%9c-%e2%80%93-ohne-die-europa-gmbh/)

 

Im Interesse mittelständischer Unternehmen setzen wir uns dafür ein, eine Europäische Privatgesellschaft („Europa-GmbH“) zu schaffen. Wir werden dabei sicherstellen, dass die nationalen Vorschriften über die Mitbestimmung, des Steuer- und des Handelsregisterrechts nicht umgangen werden.

 

Unternehmensnachfolge (S. 25)

 

Unternehmensnachfolge soll auch künftig durch die Erbschaftsbesteuerung nicht gefährdet werden. Notwendig ist daher eine verfassungsfeste und mittelstandsfreundlich ausgestaltete Erbschafts- und Schenkungsteuer, die einen steuerlichen Ausnahmetatbestand bei Erhalt von Arbeitsplätzen vorsieht.

 

Finanztransaktionssteuer (S. 64, 65)

 

Wir wollen eine Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage und niedrigem Steuersatz zügig umsetzen und zwar im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit in der EU. Eine solche Besteuerung sollte möglichst alle Finanzinstrumente umfassen, insbesondere Aktien, Anleihen, Investmentanteile, Devisentransaktionen sowie Derivatekontrakte. Durch die Ausgestaltung der Steuer wollen wir Ausweichreaktionen vermeiden. Dabei gilt es, die Auswirkungen der Steuer auf Instrumente der Altersversorgung, auf die Kleinanleger sowie die Realwirtschaft zu bewerten und negative Folgen zu vermeiden sowie zugleich unerwünschte Formen von Finanzgeschäften zurückzudrängen.

 

Gründung von Unternehmen (Start-ups), Neues Börsensegment „Markt 2.0“, Crowdfunding (S. 140, 141)

 

Wir wollen das Gründen von Unternehmen leichter machen: Durch eine Vereinfachung der Prozesse (One-Stop-Agency) soll eine schnellere Unternehmensgründung möglich sein. Wir werden Unternehmensgründungen im IT-Bereich erleichtern und ein innovatives Netzwerk für Start-Ups durch die Wirtschaft anstoßen und dessen Internationalisierung unterstützen.

 

Um Börsengänge für junge, innovative und wachstumsstarke Unternehmen wieder zu beleben, werden wir die Einführung eines neuen Börsensegments „Markt 2.0“ prüfen.

 

Wir wollen bewährte Instrumente der Gründerunterstützung in Zusammenarbeit mit der KfW weiter entwickeln. Die Gewährung der Instrumente kann dabei an die Nutzung von Crowdfunding („Schwarmfinanzierung“) geknüpft werden.

 

Viele weitere Themen der aktuellen politischen aber auch rechtlichen Diskussion werden im Koalitionsvertrag angesprochen (Stichworte Bildung und Forschung, Energiewende, Arbeit und Soziale Sicherheit, Finanzen, Digitale Agenda, Sicherheitspolitik, Europa usw.); eine Einzeldarstellung würde den Rahmen des Blogs sprengen.

 

Zumindest das Inhaltsverzeichnis (S. 2-6) sollte jeder einmal überflogen haben. Was hiervon dann tatsächlich umgesetzt werden wird, bleibt abzuwarten.

 

 

Hagen Hasselbrink

 

Dienstag, 3. Dezember 2013

Summer School mit Moot Court Vietnam 2014



Voraussichtlich in der zweiten Julihälfte 2014 findet in Zusammenarbeit mit der Rechtshochschule Hanoi eine zehntägige Summer School mit Moot Court in Vietnam (Hanoi, Halong-Stadt) statt. Das Thema der Summer School lautet: „Menschenrechte und Grundrechte und ihr Einfluss auf die Zivilrechtsordnung“. Einzelheiten entnehmen Sie bitte der Homepage von Professor Jaensch. Bitte richten Sie Ihre Bewerbungen mit einem aktuellen Leistungsnachweis und unter Angabe Ihrer Englischkenntnisse bis zum 6. Januar 2014 per Email an Prof. Jaensch.

Sonntag, 10. November 2013

Offenes Tutorium Wirtschaftsrecht

Tutorien sind für die ersten drei Semester und dann werden die Studenten allein gelassen? Nicht an der HTW! Es gibt wieder ein offenes Tutorium für Wirtschaftsjuristen. Der gegenwärtig Tutor - Patrick Rieger - informiert mit folgendem Flyer

Achtung: geänderte Zeit Montag 8 - 9.30 Uhr

Ich blogge wieder

Liebe Freunde des WiR HTW Blogs,
ich muss gestehen, dass ich den Blog etwas vernachlässigt habe, dies wird sich aber ab sofort wieder ändern. Ich war im vergangenen Semester im Forschungssemster und deshalb gedanklich ganz gut beschäftigt. Ich gelobe aber Besserung!

Der Blog sollte aber auch nicht auf meine Mitteilungsfreude beschränkt sein. Bitte beteiligen Sie sich daran. Ich würde mich freuen, wenn alle, die dem Studiengang Wirtschaftsrecht an der HTW verbunden sind, mitbloggen. Schicken Sie mir einfach eine Worddatei und ich stelle dann ein.

Herzliche Grüße
Irmgard Küfner-Schmitt

Donnerstag, 19. September 2013

Praktikum in Vietnam

Die Friedrich-Ebert-Stiftung in Hanoi (Vietnam) sucht für die Zeit von Mai bis Juli 2014 eine Praktikantin oder einen Praktikanten, die/der bei der Planung von Projekten mitarbeiten würde. Bei einem dieser Projekte handelt es sich um die geplante 2. Summer School, die die HTW zusammen mit der Rechtshochschule Hanoi durchführt. Sofern Sie Interesse haben, übersenden Sie bitte Ihre Bewerbungsunterlagen bis zum 29. September 2013 per Email an Professor Jaensch (Michael.Jaensch@htw-berlin.de). Für Fragen (per Email) steht Ihnen Professor Jaensch gerne zur Verfügung.

Montag, 3. Juni 2013

Gastvortrag von Frau Trine Schaldemose (Kopenhagen) zum UN-Kaufrecht

Am Donnerstag, 6. Juni 2013, 9.45h bis 11.15h, im Raum HG 118 wird Frau Trine Schaldemose von der Cphbusiness (Kopenhagen) einen Gastvortrag über die Rechtsbehelfe von Käufer und Verkäufer nach dem UN-Kaufrecht in Fällen (The remedies of Buyer and Seller under CISG in cases) halten. Der Vortrag findet auf Englisch statt. Bitte bringen Sie einen Ausdruck des UN-Kaufrechts (CISG) mit.
MJ

Mittwoch, 29. Mai 2013

Am 12. Juni findet eine Auftaktveranstaltung der MIDE Summer School
"States, Markets and Development in the 21st Century" statt.  Die
Keynote Speech wird von Heiner Flassbeck, ehem. Chef-Volkswirt der
UNCTAD, gehalten zum Thema "Beyond Public Goods and Public Deficits --
the Role of the State in Successful Market Economies". Die Veranstaltung
findet von 10.00 bis 11.00 Uhr im Audimax statt und ist
hochschulöffentlich. Professoren und Studierende des FB 3 sind herzlich
eingeladen, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.

Freitag, 26. April 2013

Auskunftsanspruch abgelehnter Bewerber

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich hier über eine EuGH-Entscheidung zum Auskunftsanspruch abgelehnter Bewerber berichtet.
http://wir-htw.blogspot.de/2012/05/auskunftsanspruch-abgelehnter-bewerber.html
Die EuGH-Entscheidung war auf Grund einer Vorlage des BAG zustande gekommen. Gestern hat nun das BAG im Fall von Frau Meister entschieden
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2013&nr=16655&pos=1&anz=29&titel=Auskunftsanspruch_einer_abgelehnten_Stellenbewerberin
und erwartungsgemaäß einen Entschädigungsanspruch nach § 15 AGG abgelehnt. Die Verweigerung jeglicher Auskunft zum Einstellungsverfahren begründe keine Vermutung einer unzulässigen Benachteiligung gem. § 7 AGG. Weitere Indizien, die eine Vermutung einer unzulässigen Benachteiligung begründen könnten, habe die Klägerin nicht dargelegt. Somit kommt es auch nicht zu einer Beweislastumkehr gem. § 22 AGG.

Fazit: Es bleibt bei der dringenden Empfehlung Bewerbern  keinerlei Auskünfte über den Grund der Ablehnung bzw. das Verfahren zu erteilen. Dies gilt nicht nur für das Ablehnungsschreiben, sondern für die gesamte Kommunikation mit Bewerbern.

Donnerstag, 28. März 2013

Das Ende der Leiharbeit?

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich hier über eine Entscheidung des BAG zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten berichtet
http://wir-htw.blogspot.de/2012/03/betriebsverfassungsrechtliche.html

Heute ist klar, dass das BAG wohl bereits damals eine Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung (NZA 2004,1340)  zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern im Rahmen der Betriebsratsstärke gem. § 9 BetrVG vorbereitet hat. Bislang wurden Leiharbeitnehmer bei den Schwellen des § 9 BetrVG nicht mitgezählt, da sie nicht Arbeitnehmer des Betriebes sind.

Am 13.3. entschied nun der 7. Senat, dass Leiharbeitnehmer bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellen des § 9 BetrVG mit zu zählen sind, d.h. die Zahl der Leiharbeitnehmer im Betrieb beeinflusst die Größe des Betriebsrats.

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2013&nr=16535&pos=6&anz=24&titel=Leiharbeitnehmer_zählen_im_Entleiherbetrieb

Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor, es dürfte jedoch spannend werden, wie das BAG diese 180 Grad Wende erklärt. Die im Frühjahr 2014 stattfindenden regelmäßigen Betriebsratswahlen werden dadurch auch nicht ruhiger ablaufen. Ob sich Leiharbeit betriebswirtschaftlich überhaupt noch rechnet, sollte sich jedes Unternehmen auch neu überlegen.

PS: In diesem Zusammenhang bitte auch diesen Blog beachten
http://www.wir-htw.blogspot.de/2013/01/leiharbeit-und-schwellenwert-die-zweite.html

Samstag, 16. März 2013

Erfolgreiches Plagiat

Plagiate prominenter Personen aus der Politik sind in den letzten Jahren in aller
Munde (Stichworte: Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Veronica Sass, Silvana
Koch-Mehrin [vgl. hierzu auch
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/doktor-streit-karlsruhe-koch-mehrin-unterliegt-vor-verwaltungsgericht-a-887194.html],
Annette Schavan) (vgl. das wenig schmeichelhafte Plagiatoren-Ranking auf
http://www.zeit.de/studium/2012-10/Plagiatoren-Ranking-Schavan). Vgl. hierzu auch
die Plagiatsseite mit umfassenden Hinweisen von Frau Prof. Dr. Debora Weber-Wulff
vom Fachbereich 4 der HTW unter http://plagiat.htw-berlin.de/.

Wie schwierig ein erfolgreiches Plagiat wirklich ist, lässt sich bereits dem
(vorausschauenden) Aufsatz von Prof. Dr. Roland Schimmel aus dem Jahre 2009 "In zehn
Schritten zum erfolgreichen Plagiat"
(http://www.textundtext.de/wp-content/uploads/Zum_erfolgreichen_Plagiat....pdf)
entnehmen. Der Autor, der Wirtschaftsprivatrecht an der Fachhochschule Frankfurt am
Main am Fachbereich 3 (Wirtschaft und Recht), lehrt, zeigt eindrucksvoll, dass ein
erfolgreiches Plagiat derart schwierig ist, dass eine eigenständige
wissenschaftliche Erarbeitung der Thematik kaum mehr Aufwand erfordert.

Von Prüfern, die überwiegend die Arbeiten vermittels elektronischer Plagiatssoftware
überprüfen, dürfen die Studenten jedenfalls keine Gnade erwarten, sollten sie bei
der Erstellung von Bachelor-, Master- oder sonstigen Arbeiten die erlernten
wissenschaftlichen Grundstandards vernachlässigen ...


Dr. Hagen Hasselbrink
Rechtsanwalt

Zukunft Wirtschaft

Die HTW Business School läd ein zu einem Symposium am 30. Mai

http://www.htw-berlin.de/forschung/zukunft-wirtschaft/

Donnerstag, 14. Februar 2013

Unter dem Slogan "Big Sail Adventures. Drei Tage, die deinen Horizont erweitern?" stechen im
Mai 2013 zwei Schiffe von Rotterdam nach London und entlang der
Französischen Nordküste in See. An Bord: rund 30 Studenten mit den
Studienschwerpunkten Tax & Legal (Törn Nordsee: von Rotterdam nach London)
oder Banken & Versicherungen (Törn Atlantik: von Calais nach Le Havre),
die von Fachkräften aus den jeweiligen Unternehmensbereichen PWC begleitet
werden. Im Mittelpunkt der drei Tage steht das gemeinsame Segelerlebnis,
aber auch das Arbeiten an fachlichen Themen in unterschiedlichen
Workshops.


Ich hoffe, dass man den Flyer hier einigermaßen lesen kann.

Sonntag, 3. Februar 2013

Porto statt Bordeaux




Eine Kundin sprach dialektbedingt das gewünschte Reiseziel (Porto) undeutlich aus, woraufhin die Mitarbeiterin des Reisebüros den Ort falsch verstand (Bordeaux). Zur Sicherheit wiederholte sie den Namen der Stadt zweimal, ohne dass die Kundin widersprach. Als ihr klar wurde, dass sie einen Flug in eine französische Stadt gebucht hatte, verweigerte sie die Zahlung. Das AG Stuttgart-Bad Cannstatt verurteilte die Kundin zur Zahlung, da ein Vertrag mit dem Reiseziel Bordeaux zustandegekommen sei.[1] Nach der Vernehmenstheorie trägt der Erklärende das Risiko, dass der Empfänger sein Wort auch zutreffend erfasst. Daher geht eine unsaubere Aussprache zu Lasten des Erklärenden.[2] Das gilt erst recht (a fortiori), wenn der Empfänger das Verstandene mehrfach wiederholt, ohne dass ihm widersprochen wurde (argumentum a minore ad maius, d.h. Schluss vom Kleineren auf das Größere).[3]

MJ


[1]           Das berichtete Spiegelonline am 14.09.2012.
[2]           BeckOK-Wendtland, BGB, Stand: 01.11.2012, Edition: 25, § 130 Rn. 28.
[3]           AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil vom 16. März 2012, 12 C 3263/11.

Samstag, 26. Januar 2013

Leiharbeit und Schwellenwert die Zweite

Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern wird immer unattraktiver. Nach Equal Pay und Mindestlohn in der Leiharbeit (beides führt zu einer Verteuerung der Leiharbeit für den Entleiher) hatte das BAG am 18.10.2011 festgestellt, dass Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Entleiherbetrieb beschäftigt werden, bei den Schwellenwerten des § 111 BetrVG mit zu zählen sind (ich hatte hier darüber berichtet: http://wir-htw.blogspot.de/2012/03/betriebsverfassungsrechtliche.html ).
Bei der Frage, ob Leiharbeitnehmer bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellen zu berücksichtigen sind, komme es auf den jeweiligen Normzweck an.

Insofern ist die am letzten Donnerstag ergangene Entscheidung zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei dem Schwellenwert gem. § 23 KSchG konsequent
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2013&nr=16425&pos=0&anz=6&titel=Kündigungsschutz:_Leiharbeitnehmer_und_Größe_des_Betriebs
Die Kleinbetriebsklausel des § 23 KSchG soll der Tatsache Rechnung tragen, dass Kleinbetriebe dadurch gekennzeichnet sind, dass meist eine persönliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht und dass Kleinbetriebe sowohl von der organisatorischen als auch der finanziellen Seite her durch einen Kündigungsschutzprozess überfordert werden könnten (so bereits das BVerfG vom 27.1.1998, http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls19980127_1bvl001587.html ). Damit kommt das BAG zu dem Ergebnis, dass es der Normzweck gebietet, bei der Berechnung der maßgeblichen Arbeitnehmerzahl nach § 23 KSchG Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen. Es komme allein auf die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke an, ohne Rücksicht darauf, ob diese den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder fremder Arbeitnehmer beruht.

Im Extremfall könnte damit ein einziger Mitarbeiter Kündigungsschutz erlangen, wenn ansonsten in der Regel mehr als neun Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Dass der unbestimmte Rechtsbegriff der Beschäftigung "in der Regel" i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG dadurch nicht leichter zu handhaben ist, versteht sich von selbst. Und was hindert eigentlich die Berücksichtigung regelmäßig zum Einsatz kommender Arbeitnehmer externer Dienstleister oder Werkunternehmer (z.B. die regelmäßig im Betrieb tätige Reinigungskraft eines Reinigungsunternehmens).

Die Entscheidung ist wie gesagt konsequent, trägt aber in keiner Weise zur Rechtssicherheit bei. Das Arbeitsrecht bietet eine Vielzahl höchst unterschiedlich ausgestalteter Schwellenwerte für Kleinarbeitgeber/Betriebe. Mal gilt das Pro - Kopfprinzip (z.B. § 8 Abs. 7 TzBfG), mal werden Teilzeitarbeitnehmer nur anteilig berücksichtigt (z.B. § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG oder auch § 622 Abs. 5 Satz 2 BGB). Wenn jetzt auch noch der Normzweck erforscht werden muss, um festzustellen, ob Leiharbeitnehmer mitrechnen, fürchte ich, dass die jeweiligen Kleinbetriebe/unternehmen endgültig überfordert sind und die sollen doch eigentlich geschützt werden.